Biografiezirkel

Ein weiterer Ansatz des Projekts sind biografische Zirkel, in denen sich Studentinnen über ihre Erfahrungen austauschen, sich ihrer Stärken vergewissern sowie individuell und gegenseitig bei der Berufs- und Karriereplanung unterstützen. Die Erfahrungen der Biografiezirkel-Teilnehmerinnen mit dem Wissenschaftssystem fließen – ebenso wie die im Rahmen von Fallstudien erhobenen Erkenntnisse zur Situation von Studentinnen mit Behinderungen – in praxisorientierte strukturelle Handlungsempfehlungen ein, die eine tatsächlich gleichberechtigte Teilhabe an Hochschulen ermöglichen sollen.

...ein spannender Austausch

Hier ein kleiner Bericht zu unseren Biografiezirkeln:

"In der Mittagspause zwischen den Vorlesungen und Seminaren kann frau in die Mensa gehen, in den nächst gelegenen Buchladen oder einen kleinen Spaziergang machen. Sie kann sich aber auch mit anderen treffen, um über die Herausforderungen zu diskutieren, die ein Studium mit sich bringt, wenn man eine chronische Erkrankung, eine psychische Beeinträchtigung oder eine körperliche Behinderung hat.

Klingt unwahrscheinlich? Passiert im Moment aber an einigen deutschen Unis und Fachhochschulen. So etwa auch an der TH Köln, einem von fünf Modellstandorten des Fachkollegs „Inklusion an Hochschulen – gendergerecht“. Seit April 2018 finden sich dort zweimal pro Semester Studentinnen, Angestellte und Lehrende mit Beeinträchtigung(en) zu sogenannten „Biografiezirkeln“ zusammen, um sich auszutauschen, einander zu stärken und zu ermutigen.

Die Themen, die die Teilnehmerinnen dabei besprechen, reichen von der Frage, was Erfolg individuell bedeuten kann, welche Barrieren ein akademisches Leben  mit einer Beeinträchtigung kennzeichnen und welche Lösungsstrategien dabei helfen, sie zu überwinden.

Für die Teilnehmerinnen ist ein solcher Austausch eine „sehr positive Sache“, so  Klara Groß-Elixmann, die den Biografiezirkel an der TH Köln organisiert und moderiert. „Sie erleben es als äußerst wertvoll, sich in einer Atmosphäre der Wertschätzung und des gegenseitigen Verständnisses Menschen gegenüber öffnen zu können, die wissen, wovon die Rede ist. In deren Geschichten sie sich wiederfinden. Und bei denen sie nicht das Gefühl haben, dass eine Rechtfertigung oder große Erklärungen notwendig sind.“

Besonders gewinnbringend ist es für die Zirkelteilnehmerinnen auch, mit Frauen zu reden, die auf der akademischen Leiter bereits weiter nach oben gestiegen sind – oder an der TH tätig sind. „Diese ’erfahreneren‘ Frauen liefern wichtige Impulse“, erklärt Groß-Elixmann. „Sie vermitteln, dass es auch mit einer Beeinträchtigung möglich ist, in diesem Umfeld erfolgreich zu sein. Das macht Mut.“ Ebenso ist es bei den Frauen, die in der Verwaltung oder anderen Abteilungen der Hochschule arbeiten. „Der Austausch mit diesem Personenkreis lenkt den Blick über den Tellerrand hinaus, bietet Einsicht in das Berufsleben, das nach dem Studium kommt.“

Auch die Frage der Vereinbarkeit von Studium und Familienverantwortung wird in Biografiezirkeln häufig diskutiert. Denn für einige der Teilnehmerinnen ist es  keine körperliche oder psychische Beeinträchtigung, sondern die Pflege eines Elternteils oder die Erziehung eines Kindes,- die sie täglich herausfordert. Um es auch ihnen zu ermöglichen, beim Biografiezirkel mit zu machen, findet dieser an der TH Köln jetzt in der Mittagspause statt.

Kein Wunder also, dass viele der Frauen, die einmal an einem Biografiezirkel teilgenommen haben, wiederkommen. „Diese positive Resonanz zeigt uns, dass wir hier offensichtlich einen großen Bedarf erfüllen“, sagt Melanie Peschek, Projektkoordinatorin des Fachkollegs, „und bestätigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind! Wer also Interesse hat, an ihrer Hochschule einen Biografiezirkel zu organisieren, soll sich gerne bei uns melden. Wir freuen uns darauf!"